Zuwendungen aus Verfahren
In Deutschland werden jedes Jahr sehr viele Strafprozesse geführt. Laut Statistischem Bundesabend waren dies im Jahr 2016 knapp 6 Millionen. In vielen Fällen kommt es zu keinem Urteil. Das Verfahren wird gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt, so sich alle Beteiligten darauf einigen. Der Richter hat dabei die Möglichkeit zu entscheiden, zu wessen Gunsten diese Geldauflage zu zahlen ist. Im Jahr 2016 war dies bei rund 160.000 Verfahren der Fall.
Eine weitere Möglichkeit besteht bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und der Aussetzung zur Bewährung. Hier braucht es keine Zustimmung aller Beteiligten. Richter entscheiden eigenständig und sind weisungsfrei.
So die Auflage an keine gemeinnützige Organisation erfolgt, erhält die Staatskasse das Geld. Dies ist die Chance für gemeinnützige oder kirchliche Organisationen.
Der Trend der mit Auflage eingestellten Strafverfahren geht nach oben. In den letzten Jahren ist laut eigenen erhobenen Daten der Fachagentur GFS ein Aufwärtstrend zu erkennen.
Der Erhalt von Geldauflagen ist in Deutschland zunächst formal geregelt. Jede empfangende Organisation muss ins Verzeichnis der Geldauflagenempfänger aufgenommen werden. Diese zentralen Verzeichnisse werden von der Justiz des jeweiligen Bundeslandes geführt. Ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen ist unten verlinkt.
Sind diese Formalia geregelt, kommen klassische Fundraising-Strategien zum Einsatz. Eine reine Aufnahme in ein Verzeichnis führt noch lange nicht zu einer Zuweisung. Die zuweisenden Menschen müssen von der Organisation wissen und im Idealfall vom Projekt überzeugt werden. Die Methodik unterscheidet sich jedoch teils massiv vom klassischen Fundraising. Denn nicht der Zahler steht im Fokus, sondern die Zuweisenden. Die zur Zahlung einer Geldauflage verpflichtete Person ist zur Zahlung verpflichtet. Sie zahlt nicht freiwillig. Allein dies widerspricht der Grundlage einer Spende.
Rechtsgrundlagen für Geldauflagen
§ 153a StPO(Strafprozessordnung)
§ 47 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz)
AStBV (Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren)
Nachdem Sie sich in ein Verzeichnis eingetragen haben, beachten Sie bitte folgende Fragen:
- Überprüfen Sie, welche Zuweisungspraxis in Ihrem Bundesland greift. Einige Bundesländer arbeiten mit „Sammelfonds“, die intern über die Zuteilung an gemeinnützige Organisationen entscheiden.
- Richten Sie ein eigenständiges Girokonto für Geldauflagen ein. Dieses nutzen Sie ausschließlich für diesen Zweck. Somit ist gewährleistet, dass eine Geldauflage nicht auf dem Spendenkonto eingeht und einwandfrei zugeordnet werden kann.
- Sorgen Sie für transparente Rechenschaft. Ihre Organisation ist dazu verpflichtet. Sie müssen Zahlungen und auch möglichen Zahlungsverzug an verantwortliche Stellen melden. Am Ende des Jahres folgt ein Jahresbericht.
- Die Verarbeitung der Daten muss nach geltendem Recht und Datenschutz erfolgen. Trennen Sie die Mandanten innerhalb Ihrer Fundraisingsoftware.
- Die zahlende Person erhält selbstverständlich keine Zuwendungsbestätigung oder einen Dankbrief.
- Ändern sich Dinge in Ihrer Satzung oder bei den Vertretungen, so ist dies meldepflichtig.
- Sie müssen die Daten drei Monate nach Abschluss anonymisieren.
- Fragen Sie sich: Wollen Sie überhaupt Geldauflagen annehmen? Diese stammen oft aus Delikten wie Betrug und Untreue, Diebstahl und Unterschlagung. Aber auch aus Delikten wie Körperverletzung oder Nötigung. (Die häufigsten Delikte stammen aus dem Straßenverkehr.) Wie gehen Sie mit kritischen Fragen um?
- Ist dafür gesorgt, dass die Geldauflagen zahlenden Personen aus der klassischen Spenderkommunikation ausgeschlossen sind?
- Checken Sie Ihr Netzwerk. Gibt es in Ihrer Kirchengemeinde Richter, Staatsanwälte oder Schöffen in der Region? Können Sie diese aktivieren?
- Ist Ihr Thema „justizaffin“? Passt die Tätigkeit in Ihrer Organisation in die Zuweisungspraxis hinein?
Richterinnen und Richter werden jeden Tag mit sehr vielen Dingen und Anfragen konfrontiert. Eine Ansprache einer kirchlichen Organisation muss dabei besonders herausstechen, um aufzufallen. Im Alltag berichten Richter oft von gut gemachten Mailings, die in Erinnerung geblieben sind.
An vorderster Stelle steht der persönliche Kontakt, gefolgt von gut aufbereiteten Online-Inhalten. Dies kann über gute Landingpages oder Microsites geschehen.
Im Fundraising gilt Geldauflagenmarketing bislang als klassische Agenturdomäne. Viele Dienstleister haben sich darauf spezialisiert. Große Organisationen nutzen diese Dienstleistungen, um Geldauflagenmarketing strategisch umzusetzen. Nur wenige machen dies ohne Unterstützung. Für kleine kirchliche Organisationen wird sich ein Agentureinsatz kaum lohnen. Hier kann das persönliche Netzwerk zu einem echten Vorteil werden, verbunden mit sinnvollen in der Öffentlichkeit bekannten Vorhaben oder Projekten.
Der Aufwand für strategisches Geldauflagenmarketing ist zunächst recht hoch. Die notwendige Energie muss über einen längeren Zeitraum vorhanden sein. So diese Energie vorhanden ist und die Analyse bei Ihnen aufzeigt, dass Geldauflagenmarketing Sinn macht, dann starten Sie. Beachten Sie aber, dass Geldauflagenmarketing die klassischen Fundraisingaufgaben nicht ersetzen kann.
In vielen Fällen ist Geldauflagenmarketing aus Sicht einer kleinen kirchlichen Organisation eher zu aufwändig.
Im ganzen Artikel fiel bislang nicht einmal der Begriff des "Bußgeldmarketings". Oft wird "Bußgeld" als Synonym zu "Geldauflagen" verwendet. Dies ist so nicht korrekt. Bußgelder werden verhängt, wenn Ordnungswidrigkeiten begangen wurden.
Weitere Informationen zu Geldauflagen
Geldauflagen bei der Diakonie Baden
Einführung als strategisches Fundraising Instrument
Geldauflagenportal
Orientierungshilfe für Zuweisende
Datenbank gelisteter Organisationen
Verzeichnis der Geldauflagenempfänger
Eintragung für gemeinnützige Organisationen
Exemplarisches Verzeichnis aus Nordrhein-Westfalen